Du bist schon ein paar Jahre am Werkhaus. Erst als Bildungsreferentin, seit 5 Jahren bist du die Leiterin. Du kennst das Werkhaus also ziemlich gut. Wenn du das Besondere, das Einzigartige des Werkhauses in drei Hashtags beschreiben müsstest – welche wären das?
Ganz klar, #Menschen. #Ort. Und #Kunst.
Warum … Was verbirgt sich für dich hinter diesen drei Hashtags?
Menschen ist einfach. Dieser Ort ist geprägt durch die Menschen, die diesen Ort besuchen, die hier lernen, die hier lehren. Menschen, die als Teilnehmer:innen kommen und Menschen, die hier als Dozierende oder Mitarbeitende arbeiten. Sie machen diesen Ort besonders. Dazu liegt der Johannishof unglaublich schön, hier oben auf der Ville und in der Natur und gleichzeitig hat er eine Ausstrahlung. Es ist ein bisschen magisch hier. Der Johannishof hat Seele und Geist.
Das klingt vielleicht jetzt ein bisschen highly sophisticated, ist es aber gar nicht. Das muss man spüren und das sagen alle, die hier hochkommen. Das war Hashtag zwei.
Und Kunst, der dritte Hashtag, ist der Kern, die Keimzelle. Wir transportieren so viel über die Kunst, was uns relevant erscheint für Menschen und für gesellschaftliche Veränderungen. Und deswegen ist Kunst das dritte und ganz zentrale Element für mich.
Heute geht es vor allem darum, in deiner Rolle als Chefin auf das zurückzublicken, was im letzten Jahr war und mal durchs Schlüsselloch zu schauen auf das, was kommt. Zunächst der Blick zurück: Welcher Moment im letzten Jahr hat dich am meisten berührt – im positiven Sinne?
Teamintern gab es einige berührende Momente. Das hat die Stärke des Teams gezeigt, die das Miteinander hier gestalten und jedes Jahr ein tolles Angebot an den Start bringen. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die berühren: Jemand, der morgens früh schon Schnee geschippt hat, damit alle gut ankommen. Jemand, der ein motivierendes Schild an die Tür hängt. Die Kolleg:innen von Service und Küche ohne die nix läuft. Der Kaffee nach dem Mittagessen mit allen zusammen. Das gemeinsame Kunstmachen – unser regelmäßiges Ritual vor jedem Jour-Fixe – denn wir leben, was wir sagen! Oft sind es die ganz kleinen Dinge, die zeigen, wie sehr wir den Menschen in den Mittelpunkt stellen in unserem Tun und wie wichtig uns das allen ist.
Die Weiterbildung zum Handelsfachwirt ist seit 2006 ein Dauerbrenner am Werkhaus. Eine Weiterbildung für den Handel? Vermutet man vielleicht nicht auf den ersten Blick. Warum gehört sie trotzdem genau hierher?
Unsere Weiterbildung zum/zur IHK-Handelsfachwirt:in haben wir seit nun schon 19 Jahren im Programm. Wir haben sie entwickelt und aufgebaut, im Austausch mit verschiedenen Unternehmen wie z.B. Alnatura. Die Unternehmen vertrauen uns ihre Mitarbeiter:innen an, die später Führungsaufgaben in den Märkten übernehmen sollen. Und warum tun sie das? Zum einen, weil sie hier von unseren erfahrenen Dozent:innen fachlich exzellent ausgebildet werden. Aber eben auch, weil es bei uns mehr gibt als Fachinhalte. Unser Kunstmodule, in denen die jungen Menschen sich nochmal ganz anders mit ihrer künftigen Führungsaufgabe auseinandersetzen. Das ermöglicht einen anderen Zugang.
Was machen die künftigen Handelsfachwirt:innen im Kunstmodul?
Für uns ist wichtig, dass es Praxisrelevanz hat. Darum haben wir die Kunstmodule mit Unterstützung professioneller Künstler:innen in all den Jahren auch immer weiterentwickelt. Und uns dazu mit den Unternehmen und den vielen Teilnehmer:innen, ca. 1.800 sind es mittlerweile, immer wieder ausgetauscht. Es geht darum, erlebbar zu machen, was Führung bedeutet. Was es heißt, fair, respektvoll und wertschätzend zu führen. Die Menschen verstehen durch das Kunstmachen noch besser, was es zum Beispiel heißt WIRKLICH zuzuhören und wahrzunehmen was ist. Sie üben, auf Unvorhergesehenes zu reagieren, denn genau das werden sie im Führungsalltag jeden Tag erleben. Und sie haben Gelegenheit, auf sich selbst zu schauen, Stärken, unerkannte Potentiale und auch „Blinde Flecken“ zu entdecken. All das bietet die Kunst. Kunst ist sozusagen ein optimales Lernfeld für Führungskräfte.
Hast du ein Beispiel?
Vor einiger Zeit habe ich einen Absolventen getroffen. Er arbeitet mittlerweile als Führungskraft. Ich hab‘ ihn gefragt, an was aus den Kunstmodulen er sich besonders erinnert. Etwas, das heute im Führungsalltag für ihn wichtig oder relevant ist. Seinerzeit, sagte er, hätten sie an einem Tag auf Holz gemalt. Sie sollten ein Werk erstellen. Mitten im Prozess ging die Dozentin durch den Raum und machte einen roten Klecks auf jedes Bild. Und dann, sagte er, hatten wir die Aufgabe, diesen Klecks in unser Werk zu intergieren. Und das ist genau das, was ich jeden Tag erlebe: Störungen. Interventionen, die Pläne zunichtemachen. Den Umgang damit habe ich in den Kunstmodulen gelernt.
Kann jeder Interessierte an der Weiterbildung zum/zur Handelsfachwirt:in teilnehmen?
Natürlich, der Kurs ist für jede und jeden offen, egal ob man als einzelne Person teilnehmen möchte oder ob ein Unternehmen Mitarbeiter:innen zu uns schicken möchte. In diesem Fall arbeiten wir eng mit dem Unternehmen zusammen. Ist die Anzahl der Teilnehmer:innen groß genug, können wir einen Kurs auch direkt auf die Bedürfnisse des Unternehmens ausrichten.
Etabliert und beliebt ist der Alanus- Mappenkurs. Für wen ist der Mappenkurs und was zeichnet ihn aus?
Unser Mappenkurs richtet sich vor allem an junge Menschen, die einen gestaltenden oder künstlerischen Werdegang einschlagen möchten und dafür eine Mappe für die Bewerbung an einer Akademie, einer Universität oder einer Hochschule benötigen. Zum Abschluss des Kurses haben sie etwas Konkretes und Authentisches in der Hand, dass die eigene Entwicklung sehr gut und nachvollziehbar dokumentiert. Viele unserer Absolvent:innen studieren im Anschluss an renommierten Hochschulen. Wir erleben auch, dass wir mit unserem Kurs jungen – und manchmal auch älteren - Menschen sehr viel mehr bieten: Zeit, sich auszuprobieren und sich zu orientieren. Etwas, das sich vor allem junge Menschen nach der Schule wünschen. Um zu erkennen: Wo stehe ich? Was sind meine Stärken? Was kann ich und was will ich? Sich darüber klar zu werden, auch dazu kann dieser Mappenkurs sehr gut beitragen.
Stichwort Dauerbrenner: Welche weiteren Kurse haben sich in den letzten Jahren bewährt?
Echte Dauerbrenner sind unsere sogenannten Jahreskurse: „Ein Jahr für die Kunst“. Entweder mit dem Schwerpunkt „Zeichnung und Malerei“ oder mit dem Schwerpunkt „Plastik und Skulptur“. Viele Teilnehmer:innen konnten in den letzten Jahren eine eigene künstlerische Expertise aufbauen. Viele sind schon lange dabei und festigen bzw. verstetigen Dank unserer tollen Dozierenden permanent ihren künstlerischen Ausdruck.
Unser Einstiegsformat ist „Kunst to go“. Auch ein Dauerbrenner. Immer am Dienstagmorgen zwischen Januar und Oktober, nur unterbrochen durch eine Sommerpause, kann man ganz niederschwellig bei uns im Atelier vorbeikommen. Ohne Anmeldung, ohne Material und ausprobieren, ob diese Art des Kunstmachens passt. Die allermeisten kommen nicht nur einmal - oft sind Leute dabei, die später einen längeren Kurs buchen. Einen Wochenendkurs zum Beispiel oder sogar „Ein Jahr für die Kunst“.
Schauen wir nach vorn. „Kunst voll“ heißt das neue Programm. Was verbirgt sich dahinter?
Vielleicht hat schon jemand einen unserer „Kunst voll“ - Aufkleber entdeckt? KUNST VOLL, dachten wir, passt zu uns, weil wir voller Kunst sind. Volle Kanne mit Kunst unterwegs - und das begleitet uns jetzt durch das Jahr. Weil es einfach schön ist, mit Kunst Dinge zu machen: Leben, genießen, schlafen, träumen, lernen, lehren, was auch immer.
Schon länger gibt es im Werkhaus den Schwerpunkt „Coaching und Organisationsentwicklung“. Etabliert und erfolgreich ist die Coachingausbildung „Coachen mit Kunst“. Für erfahrene Coaches gibt es nun ein weiteres Angebot „Kunst als Tool?“ mit Sandra Freygarten, Rita Baus und Amely Spötzl. Warum sollten Coaching-Profis unbedingt daran teilnehmen?
Es ist ein Angebot, dass sich insbesondere an Coaching-Profis richtet, die schon viel praktische Erfahrung haben und die ihre Expertise und Coaching-Praxis mit Kunst hinterfragen und schärfen wollen. Damit ist es ein besonderes Angebot, das der Markt nicht so oft bietet. Daneben geht es darum, Teilnehmende zu befähigen, Kunst in der jeweiligen Situation passgenau einsetzen zu können. Eben nicht als Tool, sondern aus einer Haltung heraus.
Man kann auch kunstvoll übernachten auf dem Johannishof?
Oh, ja! Kunstvoll übernachten geht in unserem Gästehaus. Das erkennt man sofort, wenn man reinkommt, denn als erstes muss man die Zimmernummer suchen, die findet man nämlich auf dem Fußboden. Jedes Zimmer wurde übrigens durch einen Künstler oder eine Künstlerin gestaltet.
Im Jahreslauf gibt es ein ganz neues Format. Lunch & Learn. Eine besondere Beilage für die Mittagspause. Was bekommt man, wenn man sich dazuschaltet?
Ich glaube, man bekommt eine spannende Mittagspause. Ein Learning Nugget, eine kleine Online-Sequenz, einen Impuls. Im Englischen sagt man „glimps“ also so eine Ahnung von dem, was das Thema bietet. Ich freue mich sehr, dass wir 4 Dozierende gewonnen haben, die innerhalb von einer Stunde eine kleine Lernerfahrung ermöglichen. Das macht Spaß und es ist eine anregende Mittagspause. Danach geht man sicherlich beschwingt wieder in den Tag, angefüllt mit einem spannenden Impuls. Der ist übrigens völlig kostenfrei für die Teilnehmenden. Nur anmelden muss man sich – dann gibt es einen Link.
Noch ein Highlight: Unser ARTCamp im nächsten Jahr. ARTCamp? Was ist das und warum sollte man es auf keinen Fall verpassen?
Yes, wir wagen etwas Neues. Das Alanus ARTCamp ist unser erstes eigenes BarCamp und eine super Möglichkeit sich zu vernetzen - hier in der Region oder auch darüber hinaus. Jeder und jede kann eigene Angebote, kleine Mini-Kurse oder Ideen einbringen. Als Icebreaker sind ein paar Alanus-eigene Formate dabei, gedacht als Appetizer. Es heißt Alanus ARTCamp, weil es bei uns am Alanus Campus Johannishof stattfindet und weil es natürlich, ganz viel mit Kunst zu tun haben soll und wird. Möglich sind alle Angebote, Lehr-Lernszenarien, gesellschaftlichen Fragen - Ein BarCamp ist thematisch völlig offen. Rahmen und Programm machen die Menschen, die teilnehmen. Die ersten Anmeldungen sind schon da und ich bin sicher, dass wird ein inspirierender Austausch. Man kann sich einfach selbst oder einem lieben Menschen einen inspirierenden Tag schenken. Kostet nix – nur die Verpflegung. Anmelden kann man sich über unsere Website. Das Alanus ARTcamp ist am 30. April 2026, danach kann man wunderbar in den Mai tanzen.
Zu Weihnachten liegt ein Kurs-Gutschein unterm Tannenbaum. Ich weiß, es ist schwer, aber du darfst dich entscheiden: Was aus unserem Kurs-Programm wolltest du schon immer mal ausprobieren und meldest dich an?
Oh je… OK, ich spoiler jetzt mal: Unser Programm ist sehr vielfältig, da würde ich bestimmt was finden. Aber ich weiß, dass es noch weitere Angebote in der Rubrik Trauer & Verlust geben wird, in denen man auch künstlerisch arbeitet. Meine Eltern sind vor nicht langer Zeit gestorben und tatsächlich wäre das etwas, an dem ich unglaublich gerne teilnehmen würde. Es wäre toll, genau dafür meinen Weihnachtsgutschein einzulösen.
Liebe Antje, danke für den Austausch und den Einblick.
Das Interview führte Katharina Bertulat.

