Wie Vertrauen wirkt – dm-Gebietsverantwortlicher Bernd Kornmayer im Gespräch

»Bei uns kriegt jeder erst mal das Vertrauen. Wenn das Vertrauen da ist und auch Zutrauen geschenkt wird, dann fangen Mitarbeiter:innen an, sich zu entwickeln, sich mehr zuzutrauen, mehr Verantwortung zu übernehmen.« Seit ungefähr 15 Jahren unterrichtet Bernd Kornmayer angehende Führungskräfte im Praxisfach »Dialogische Unternehmenskultur«. Verschiedene Praxisfächer sind nur eine der Besonderheiten unserer Weiterbildung zum/zur Handelsfachwirt:in. In verschiedenen Kunstmodulen lernen die Teilnehmer:innen viel über sich selbst und reflektieren ihre künftige Führungsrolle.


Lieber Bernd, du kommst schon viele Jahre als Praxisdozent in das Alanus Werkhaus. Kannst du dich noch an den ersten Tag hier erinnern und wie du ihn erlebt hast?

Ja, ich kann mich gut erinnern. Der erste Tag war tatsächlich noch kein Unterrichtstag. Wir waren zum Kennenlernen hier und um die Form einer möglichen Zusammenarbeit mit dem Alanus Werkhaus im Rahmen der Weiterbildung zum Handelfachwirt bzw. zur Handelsfachwirtin zu besprechen. 

Sofort ist mir die besondere Lernatmosphäre aufgefallen. Hier hat man einen gewissen Abstand vom normalen Tagesgeschehen. Diese Art, wie die Räume gestaltet sind, ist einfach eine sehr schöne Lernumgebung, in der man sich öffnet und auch bereit ist, Neues aufzunehmen. Diese Besonderheit verbunden mit der Weiterbildung zum Handelsfachwirt und dem Thema Führung hat mich überzeugt.  So bin ich nun seit vielen Jahren  Praxisdozent für das Thema »Dialogische Führung«. Das ist schon damals mein Herzensthema gewesen.
 

Was macht für dich die Weiterbildung zum Handelsfachwirt und zur Handelsfachwirtin am Alanus Werkhaus aus? 

Zum einen finde ich die Gestaltung sehr gelungen. Daneben entsteht auch eine andere Lernintensität, wenn gemeinsam mit und voneinander gelernt wird. Ich erlebe bei vielen Kolleginnen und Kollegen aus meinem Gebiet, dass sie in dieser Zeit hier am Werkhaus in ihrer Persönlichkeit enorm gewachsen sind. 
 

Wo ist dein Lieblingsplatz auf dem Johannishof?

Der Steinkreis. Der hat eine besondere Energie. Dort draußen habe ich immer ein kleines Ballspiel mit den Handelsfachwirt:innen gemacht. Es lockert ein bisschen auf nach dem gemeinsamen Mittagessen. Und es gelingt, das Thema auf spielerische Art weiter zu vertiefen.  
 

Was war aus deiner Sicht der Grund, warum dm sich bei der Weiterbildung der dm-Handelsfachwirt:innen für das Alanus Werkhaus entschieden hat?

Natürlich spielt der anthroposophische Hintergrund eine Rolle. Und es war natürlich auch die Verbindung zwischen Kunst und Betriebswirtschaft bzw. Kunst und Handel. Wenn ich mich künstlerisch mit einem Thema beschäftige, dann öffne ich den Geist anders, als wenn ich nur das fachliche Thema alleine sehe. Das ist genau das, was man an anderen Schulen so nicht erlebt.
 

Wo findet sich das künstlerische und kreative Denken und Handeln, das hier in der Weiterbildung eine wichtige Rolle spielt, im Unternehmen dm oder im Arbeitsalltag der Handelsfachwirt:innen wieder?

Das findet sich vor allen Dingen in der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit wieder. Und die wirkt ins Unternehmen. Wenn ich freiheitlich denke, dann profitiert auch das Unternehmen davon. Aber erst mal profitieren unmittelbar die Menschen, die hier sind. Und erst im zweiten Schritt  bringen sie das in das Unternehmen ein, was sie hier gelernt und erfahren haben.
 

Was verstehst du in diesem Zusammenhang unter Freiheit?

Die Freiheit, sich selbst zu führen. Also weg von der Fremdsteuerung. Die Digitalisierung hat eine ungeheure Fremdsteuerung in unsere Gesellschaft gebracht. Ich rege in meinem Workshop an, den Sprung wieder in die Selbstführung zu finden,  sein Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen. Zu erkennen, was fördert mich  und was hemmt mich in meiner Entwicklung. Das wahrzunehmen und zu entwickeln, ist auch ein Verdienst des Alanus Werkhauses und ein wichtiger Teil in meinem Unterricht.
 

Du gibst den Handelsfachwirt:innen einen Einblick in die »dialogische Unternehmensführung«. Kurz zusammengefasst, was heißt »dialogische Führung«?

Dialogische Führung heißt zu allererst, eine Zutrauens- bzw. eine Vertrauenskultur zu entwickeln. Bei uns kriegt jeder erst mal das Vertrauen. Wenn Vertrauen da ist und auch Zutrauen geschenkt wird, dann fangen Mitarbeiter:innen an, sich zu entwickeln, sich mehr zuzutrauen, mehr Verantwortung zu übernehmen. Dann entsteht eine andere Verbindung mit der Arbeit, auch mit dem Unternehmen. Und der Wille, sich weiterzuentwickeln, Verantwortung zu übernehmen und sich einzubringen. 
 

Was genau bedeutet »dialogisch«?

Dialogisch ist, wenn man den Sinn versteht. Dialog ist im Lateinischen das Zwiegespräch. Aber wir übersetzen es mit dem Altgriechischen, wo »dia« für »hindurch« steht und »log« von Logos, von »den Sinn verstehen«. Logos steht für Sinn und Bedeutung. Und wenn ich den Sinn und die Bedeutung verstehe und das »hindurch« geht, dann kann ich anders in meiner Arbeit agieren, als wenn ich nur weiß, wie etwas geht. 

Die entscheidende Frage im »Dialogischen« ist immer »das Warum« zu verstehen. Warum mache ich das? Also nicht: »Wie wird er etwas gemacht«, sondern: »Warum wird irgendwas gemacht?« Und »das Warum«, das öffnet den Blick auch für schwierige Situationen. Wenn ich weiß, warum etwas so gemacht wird, dann kann ich mich situativ auch auf etwas Neues einstellen.
 

Woran merkst du, dass die Menschen diese Kultur im Unternehmen leben?

In der Form, dass sie sich beteiligen wollen. Ich erlebe das fast jeden Tag, dass Mitarbeiter:innen eine Vorstellung haben von irgendwas, wie etwas werden soll. Wenn sie nur Erfüllungsgehilfen eines Vorgesetzten wären, dann würden sie so weit nicht denken. Dann ginge es nur darum,  wie man es sich leicht machen kann und wann Feierabend ist.  Dann bin ich nur da, um mein Geld zu verdienen. 

Unsere Mitarbeiter:innen wollen, dass es gelingt, dass es gut gelingt. Sie wollen sich beteiligen, sie wollen Selbstverantwortung übernehmen, sich selber führen und selbst Entscheidungen treffen. Weil sie den Sinn verstehen und weil sie sich einbringen wollen. Weil sie sagen: Ich will Verantwortung übernehmen, Erfolgserlebnisse haben und dann auch Spuren durch meine Arbeit hinterlassen.
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Bernd Kornmayer ist Gebietsverantwortlicher bei dm-drogerie markt. Er ist verantwortlich für 13 Filialen im Raum München. Neben dieser Tätigkeit unterrichtet er seit ca. 15 Jahren die angehenden Handelsfachwirt:innen im Praxisfach »Dialogische Führung«. Daneben ist die Selbstführung sein Herzensthema.

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