„Es ist egal, was da vor dir liegt. Schau mal nur die Linien an.“ – Im Gespräch mit unserer Mappenkurs-Teilnehmerin Pia Doğa Yaren Aydin

Pia Doğa Yaren Aydin hat im April den Mappenkurs abgeschlossen. Ab Oktober studiert sie Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Wir haben mit ihr über ihre Zeit im Mappenkurs gesprochen und über wichtige Impulse, die ihr geholfen haben, sich für das Kunststudium zu entscheiden.


Du hast im Frühjahr den Mappenkurs bei uns am Werkhaus abgeschlossen? Was sind die wichtigsten Erkenntnisse, die du in der Zeit gewonnen hast?

Ja, ich habe direkt was, weil über die Zeit hat sich das so richtig rauskristallisiert. Ich glaube, auch bei uns als Gruppe war das ein Leitgedanke, den wir immer dabei hatten. Es ist tatsächlich ganz simpel: Genau hinschauen, was vor dir ist, was du zeichnen möchtest, was du malen möchtest. Schau genau hin und blende alles andere aus.
Es geht gar nicht so darum, zu schauen, wie die Form an sich ausschaut, sondern wie verläuft die Linie drumherum. Ich glaube, das war eine der wichtigsten Weisheiten, die mir mitgegeben wurden.
Und: ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren, alles ausprobieren, machen, was man will und gucken, dass man nicht irgendwie hängenbleibt an einer Sache, sondern immer weitermachen und immer was Neues. Das waren so Anregungen, die mir richtig gut geholfen haben.
 

Ist das auch ein wichtiger Leitsatz geblieben? Denkst du oft an diesen Impuls „Guck genau hin!“?

Ja, und ich habe auch immer so einen kleinen Martin im Ohr, der mir sagt: „Guck mal einfach nur hin. Blende alles andere aus. Es ist egal, was da vor dir liegt. Schau mal nur die Linien an.“
 

Wie geht weiter bei dir? Studierst du Kunst? Und wenn ja, wo?

Ich habe mich nach dem Kurs drei Monate lang beworben, Mappen fertig gemacht und rausgeschickt. Dann wurde ich in Wien und Düsseldorf angenommen und konnte mich entscheiden zwischen den beiden Akademien. Ich hatte sehr damit zu kämpfen, mich zu entscheiden. Ich habe auch nochmal mit Martin und Paul gequatscht. Die beiden waren sehr, sehr hilfreich bei der Entscheidung. Auch weil das für mich echt was Großes war, so von zu Hause wegzuziehen. Aber jetzt bin ich an der Akademie in Wien und fange im Oktober an, Malerei zu studieren.
 

Gleich an zwei Akademien angenommen zu werden, ist schon sehr besonders, finde ich. Was denkst du, was hast du richtig gemacht bei deinen Bewerbungen, dass es in Wien und Düsseldorf geklappt hat?

Ich weiß gar nicht, ob man da was richtig oder doll falsch machen kann. Die schauen sich am Tag 200 Mappen an, da muss auch irgendwie ein bisschen Glück dabei sei. Wie z.B. meine Mappe zwischen den ganzen anderen Mappen liegt, wer sich das gerade anschaut und wie die Person gerade gestimmt ist.
Für mich persönlich war es wichtig, da sehr entspannt ranzugehen. Dass ich mir keinen Stress mache, wenn das nicht klappt oder so. Ich habe auch die Prüfungen in Wien sehr gelassen gesehen, mir keinen Druck gemacht und es als eine kleine Chance gesehen, mir das einfach mal anzuschauen. Und so hat das für mich ganz gut funktioniert. Das war vielleicht mit ein Grund, dass ich da angenommen wurde. Aber wenn ich ehrlich bin, ich glaube, das kann man gar nicht so bestimmt sagen bei den ganzen Bewerbungen. Das sind riesige Akademien, an denen sich so viele Menschen bewerben.
 

War für dich klar, dass du Kunst studieren willst oder hattest du auch andere Ideen im Kopf?

Ja, tatsächlich, kurz bevor ich mich für den Mappenkurs angemeldet habe, wollte ich unbedingt Archäologie studieren und war da auch total hinterher. Aber ich hatte auch schon echt lange im Kopf, Kunst zu studieren. Entweder Kunst, freie Kunst, bildende Kunst oder sogar Kunsttherapie. Während des Mappenkurses hat sich das ziemlich doll verfestigt, der Gedanke, in die bildende oder freie Kunst zu gehen. Und ja, ich glaube, es war auf jeden Fall erstmal die richtige Entscheidung, weil ich mich sehr, sehr wohl damit fühle und mich richtig doll freue, daran irgendwie weiterzuarbeiten.
 

Hat der Mappenkurs dir bei der Entscheidung geholfen?

Ich denke, es kam sehr viel dadurch, dass wir viel über die verschiedenen Hochschulen und Akademien geredet haben und es sehr präsent war, dass es die gibt. Und je nachdem, wer, woran interessiert ist, gibt es auch Gespräche, in denen alle zusammen darüber reden und man so ein bisschen daran geführt wird, was es alles gibt.
Martin und Paul waren immer super begeistert und haben total enthusiastisch darüber erzählt, wie es an den Akademien ist und so. Die haben einem schon sehr viel Freude daran gemacht, sich da reinzudenken und sich vorzustellen, da mal zu studieren.
Es war auf jeden Fall dieser Gedanke sehr präsent, dass man nach dem Mappenkurs Kunst studieren kann und dass es hier vielleicht so eine Art Vorstudium dafür ist. Aber es wurde nichts erzwungen oder so. Die Dozent:innen haben immer klar gesagt, dass es eine Chance ist, die man jetzt gerade nutzen kann. Das heißt gar nicht, nur weil man den Mappenkurs macht, muss man danach im Kunstbereich bleiben.  
Dazu kommt, dass Alanus auch ein Ort des kreativen Schaffens ist und wenn man davon umgeben ist, kriegt man schon richtig Lust da drauf.
 

Was ist für dich besonders an unserem Campus, dem Johannishof?

Du bist direkt am Wald und um dich herum sind Wiesen und wenn man auf dem Sonnendeck an der Mensa sitzt, schaut man runter ins Tal. Das ist alles ziemlich schön gelegen, finde ich. Man fühlt sich sehr wohl und auch der Weg dahin ist immer eine kleine Reise, je nachdem, wie man unterwegs ist. Aber wenn man dann da ist, dann, finde ich, hat man so ein richtig geborgenes Gefühl und die Menschen sind alle sehr offen und freundlich. Und auch jetzt, als ich wieder am Campus war, war das so richtig ein Wohlfühlort. Das verbunden mit einem Ort, an dem total viel Kunst gemacht wird, ist ein ziemlich perfektes Zusammenspiel.
 

Hast du schon früher als Kind oder Jugendliche Interesse an Kunst gehabt?

Ja, genau. Ich war im Kunst-LK und habe mich auch schon ziemlich lang sehr für den Kunstunterricht begeistert. Ich hatte eine total tolle Kunstlehrerin. Wir hatten super viele Möglichkeiten, uns auszuprobieren. Daran hatte ich immer total viel Spaß und ich glaube, da hat meine Leidenschaft für Kunst vielleicht auch angefangen.
 

Was war für dich das Besondere im Mappenkurs? Was war außergewöhnlich? Was hat dir gut gefallen?

Zum einen ist es dieses sehr freie Schaffen, der Freiraum in unserer Themenwahl, in unseren Motivwahlen. Alles war sehr frei gestaltet. Und der Platz, der uns geboten wurde, diese Räumlichkeiten, in denen wir unseren festen Atelierplatz hatten. Darüber war ich so dankbar. Es hat mir so viel gebracht, auch jetzt im Nachhinein. Einfach einen Raum zu haben, sich dort hinzusetzen und dann da zu sein. Wenn man keine Lust mehr hat, dann geht man aus dem Atelier und es bleibt trotzdem noch da und man kann kommen, wann man möchte. Das hat mir richtig gut gefallen. Dazu die Vielfalt an Angeboten, die wir hatten. Kurse, die wir machen durften, Techniken, die wir lernen durften.
 

Waren alle etwa im gleichen Alter im Kurs?

Wir waren größtenteils Anfang, Mitte 20, aber dann waren noch zwei dabei, Annette und Cornelius, die waren deutlich älter. Dieser Altersunterschied war wunderschön. Es waren die interessantesten Menschen im Kurs und es war spannend zu sehen, okay, wie ist es bei denen? Für die beiden hieß es gar nicht unbedingt, dass sie in ein Kunststudium starten wollen, sondern dass es einfach ein wunderschöner Kurs ist, in dem man ganz viel lernen und ganz viel probieren kann und man am Ende mit total viel Wissen raus geht.
 

Wem würdest du den Mappenkurs besonders empfehlen?

Ich würde den Kurs auch Leuten empfehlen, die noch nicht so viel gemacht haben an Kunstsachen, auch zu Hause, die jetzt nicht schon eine fertige Mappe haben, um sich zu bewerben.
Aber ich finde es auch so einen tollen Kurs, ohne sich bewerben zu wollen. Ich glaube, es ist beides. Für Leute, die einfach Lust haben an Kunst und Spaß daran haben, neue Sachen zu lernen. Aber auch Menschen, die vielleicht noch gar nicht so viel in Kontakt mit Kunst waren, aber total Bock auf ein Kunststudium haben. Ich finde, das ist ein ziemlich guter Einstieg in die Kunst.
 

Was hat dir im Kurs besonders geholfen, deine Mappe zusammenzustellen?

Auf jeden Fall die Aufgaben, die uns gestellt wurden. Überhaupt in dieses Malen reinzukommen. Da haben mir die Anregungen total geholfen: „Wir stellen jetzt mal da irgendwas hin und ihr könnt gucken, ob euch das gefällt und ihr das irgendwie auf Papier bekommt oder nicht.“ Es sind die kleinen Anregungen und Ideen, die einen dann wieder auf andere Ideen bringen. Die haben mir sehr geholfen jetzt am Ende in der Mappe.
Und eben dieses „Einfach machen, einfach ganz viel machen, so viel malen wie es geht und immer weiter ausprobieren, auch wenn was nicht fertig wird. Ich fand es sehr spannend, am Ende meine ganzen Sachen noch mal durchzuschauen und zu gucken, wie ich die jetzt sehe. Vorher hätte ich niemals gesagt: „Das ist jetzt ein fertiges Bild und das nehme ich so in meine Mappe.“ Das war echt noch mal richtig spannend.
 

Es klingt so, als hätte der Mappenkurs dir viel Sicherheit gegeben?

Ja, das stimmt auf jeden Fall mit der Sicherheit. Vor allem die Sicherheit, hinter meiner Kunst zu stehen und sie präsentieren zu können mit Stolz und wirklich dahinter zu stehen. Und nicht irgendwie zu denken: „Ich weiß ja nicht, ob ich mich jetzt damit bewerben kann oder ist das überhaupt gut genug oder so?“ Das hat mir echt sehr viel Selbstbewusstsein gegeben.
 

Liebe Pia, vielen lieben Dank für deine Zeit und für den spannenden Einblick in deine Zeit im Mappenkurs. Wir wünschen dir eine wunderbar inspirierende Studienzeit in Wien und sind gespannt, was wir noch von dir hören werden.

Das Interview mit Pia führte Katharina Bertulat.

 


 

Weitere Infos zum Mappenkurs gibt es hier:

Studienvorbereitung: Mappenkurs

KUNST PUR/Studienvorbereitung 28.10.2024–28.03.2025

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