Worum es wirklich geht – Im Gespräch mit Anne Kurth

Foto: Copyright by Boris Breuer

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„Wer führt, der folgt“, sagt ein altes Chinesisches Sprichwort. Im Grunde geht es darum, dass eine Führungskraft eine Art Coach ist und andere ermächtigt.

 

Was z.B. das konkret bedeutet, erfahren Sie im Interview mit Anne Kurth. Sie ist Coach und Facilitator, Constellator, Lehrende und Dozentin in unserer Führungsreihe „New Leadership - Führung für nachhaltige Entwicklung“.

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„Worum es wirklich geht!“, so beginnt der Text auf deiner Website. Worum geht es wirklich, liebe Anne?

Es ist die Essenz aus all den Jahren Berufserfahrung und persönlicher Arbeit mit unterschiedlichen Menschen. Egal, ob an der Universität, im Coaching oder in meinem eigenen, selbstständigen Job. Irgendwann erkannte ich, dass ich immer Menschen in Veränderungsprozessen begleitet habe. Als ich noch im Schwerpunkt Designerin war, ging es darum, eine Form zu finden. Zum Beispiel als Corporate Design oder irgendeines äußeren Ausdrucks. Und häufig habe ich in Vorgesprächen dieser Projekte gespürt, dass es eigentlich nicht darum ging, ein neues Logo zu entwickeln, sondern um etwas anderes. Allerdings wusste ich auch nicht, worum genau. Ich dachte häufig, eigentlich braucht diese Gruppe aus Führungskräften, mit denen ich da gerade an einem Tisch sitze, etwas anderes als eine neue Optik. Ich erkannte, dass es ein Thema hinter dem Thema gab. Das ist es, was mit „Worum es wirklich geht“ gemeint ist – der ausgeblendete, der blinde Fleck, etwas dem Anschein nach Unaussprechliches.
Ich erkannte, dass wir im Studium solche Beratungs- oder Coaching-Tools nicht erlernt haben und uns dennoch als Designer:innen ständig in Beratungssituationen wiederfinden. Ich wusste nicht, wie ich es anspreche, was ich wahrnehme? Hört mir überhaupt jemand zu, wenn ich sage: „Sie müssen erstmal miteinander kommunizieren lernen, bevor Sie ein Logo entwickeln.“? Genau das ist die Geschichte über meinen Weg. Ich habe angefangen, mich weiterzubilden und danach zu suchen. Nach Instrumenten, die behilflich sind, etwas anzusprechen, was eigentlich nur ein Gefühl ist. Letzten Endes war es auch mein persönlicher Selbst-Entwicklungsweg. Nämlich dahin zu kommen, meiner Wahrnehmung zu vertrauen und das, was ich wahrnehme, auszusprechen. Aber es war ein langer Weg zwischen diesen ersten Erfahrungen, mit Anfang zwanzig und dem mutig genug zu sein, atmosphärische Phänomene zu benennen – dazwischen lagen Jahre.
Den Claim, "Worum es wirklich geht", hat ein Kollege zu mir gebracht. Er sagte mal, "ich glaube, wenn du in ein Projekt eingebunden bist, dann bist du diejenige, die so lange fragt, bis herausgefunden wird, worum es wirklich geht." Und dann ist das zu meinem Claim geworden.
 

Ursprünglich hast du Design studiert. Was hat dein Studium mit dem zu tun, was du heute tust?

Viele Jahre habe ich mich gefragt, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Ich bin einerseits Designerin, andererseits mache ich Coachings, systemische Aufstellungen und Persönlichkeitsentwicklung. Das hat zunächst gar nichts miteinander zu tun. Später verstand ich, dass die Methoden alle ineinandergreifen. Ich habe in Köln Design studiert, an der KISD. Damals war es ein Modell-Studiengang, ein bisschen anarchistisch und daher unglaublich mutig, explorativ und inspirierend. Es sind Expertinnen und Experten verschiedenster Disziplinen als Lehrende aus aller Welt nach Köln gekommen und die ersten Jahre waren unglaublich toll. Wir haben mit Psychologen, Soziologen und mit ganz berühmten Designer:innen und Künstler:innen gearbeitet; mit Personen, die im designgeschichtlichen und designtheoretischen Kontext damals wie heute hochgradig bedeutsam sind. Dieses Studium war für mich eine Art Studium Generale. Ein Studium, in dem ich ganz viel über das Menschsein gelernt habe. Ich habe mich stark verändert. Schule fand ich schwierig, das freigeistige Studium war wie eine Art Erwachen.
Eigentlich hat das, was ich heute als Coach mache, viel mit diesen Erfahrungen zu tun. Alles ist Gestaltung. Wir können unsere Lebensräume bewusst gestalten, einander befähigen, unser Leben so zu gestalten, dass wir uns gut entwickeln können. Es geht darum, handlungsfähig zu sein, etwas in die Hand zu nehmen und zu kreieren, sei es unser Leben oder ein Projekt. Impulse dazu liefern Designpraktiken wie auch Methoden aus der Persönlichkeitsentwicklung.

In deinem Kurs „Führung gestalten - Wie Sie situative Führungskompetenz ­schöpferisch entwickeln“ arbeitest du vor allem mit der Methode „Systemische Aufstellung“. Wobei ist diese Methode für Führungskräfte besonders hilfreich?

Mit der Methode der systemischen Aufstellungsarbeit können wir sehr effektiv herausfinden, worum es wirklich geht. Was steht in der Organisation als Nächstes an? Geht es um Strategie, um Generationenwechsel, um Innovation oder ist es etwas anderes?
Mit der Aufstellungsarbeit können wir explorativ darauf schauen: Was ist eigentlich gerade? Was passiert im Moment? Was ist das Thema hinter dem Thema? Mithilfe der Erkenntnisse aus einer Aufstellung haben wir einen Reflexionsraum eröffnet, der eine passende Problemdefinition ermöglicht, die in der Organisation iterativ gestaltet und bearbeitet werden kann. Dieser iterative Prozess evaluiert verschiedene Lösungswege.

Das klingt total interessant. Manchmal geht es um was völlig anderes als angenommen. Um persönliche Themen, um Entwicklungsthemen, Wachstumsthemen, was auch immer. Am Ende kommen Lösungen zum Vorschein, wo man nicht mal die Frage vorher kannte.  Wie kommt das bei deinen Kund:innen an? Wie empfinden sie es, wenn sie plötzlich mit sich selbst konfrontiert sind?

Ich empfinde das als große Herausforderung, weil der Umgang damit so unterschiedlich ist. Es gibt Klient:innen, die es als ganz großes Aha erleben. Und die sind sehr beglückt, weil sie sagen: „Eigentlich ist es genau das, was ich gefühlt habe, aber mir nicht eingestehen wollte.“ Aber ich bin natürlich auch mit ganz vielen Widerständen konfrontiert. Mit Menschen, die dann auch nicht mehr mit mir arbeiten möchten. Vielleicht auch, weil es mit mir unbequem wird, denn Veränderung bedeutet, die Komfortzone zu verlassen. Das erlebe ich auch. Dann komme ich an meine eigenen Lernfelder. Das nicht zu bewerten und vielleicht auch meine Arbeit nicht zu sehr infrage zu stellen.
Widerstand, das habe ich über die Jahre gelernt, ist in der Regel der Weg. Wenn wir bemerken, da ist ein Widerstand, dann ist das eigentlich genau unser Entwicklungsweg. Da, wo wir nicht hingucken wollen, da ist oft unser blinder Fleck. Und ich empfinde es als bedeutungsvoll, den Respekt davor zu haben, dass die Person oder ihr System vielleicht einfach noch nicht so weit ist, sie mehr Zeit brauchen oder dass gerade der falsche Zeitpunkt ist.
Dieser Widerstand ist ein Lernfeld, weil ich es als Coach als Ablehnung empfinden könnte. Gelegentlich frage ich mich dann: „Habe ich das überhaupt richtig anmoderiert?“ Allerdings kann der Zweifel ja auch ein wichtiger Treiber sein.
Dann gibt es Klient:innen, die die Coachingerfahrung erstmal sacken lassen. Das ist auch gut so, denn eine Coachingregel ist: Das meiste passiert nach, genauer gesagt zwischen den Sitzungen. Diese Personen melden sich dann häufig viel später noch einmal und berichten, dass das Thematisieren viel bewirkt hat und sie doch hinschauen möchten.
Das sind die Reaktionsfacetten. Das Problem bei Aufstellungsarbeit ist natürlich auch, dass wir nicht gänzlich erklären können, wie wir plötzlich etwas fühlen, was zu einer anderen Person gehört. Und nicht in der Hand haben, was sich zeigen wird.

Aber da ändert sich ja gerade viel in der Wissenschaft?

Ja, das ändert sich, Gott sei Dank, gerade. Es wird viel geforscht und viele Arbeiten sind entstanden, die naturwissenschaftliche und empirische Belege liefern. Viele Universitäten haben sich in den vergangenen Jahren zusammengeschlossen, forschen, bilden aus, sind im Austausch. Es passiert total viel, sodass systemische Aufstellungen auch immer gesellschaftsfähiger werden. Jedoch bleibt etwas Nebulöses. Das ist eine Herausforderung und bei kreativen Methoden auch häufig so. Sie sind sehr intuitiv und wir haben da gelegentlich noch zu wenige Überzeugungswerkzeuge für den mitunter hartnäckigen Verstand.

Außerdem geht es um das Zuhören. In einer Zeit, in der – wir erleben es oft in Talkshows – oft weniger zuhören als selbst reden, ein spannender Impuls. Warum ist Zuhören so wichtig – insbesondere für Führungskräfte?

Zuhören ist ein unglaublich wichtiger Bestandteil meiner Arbeit. Menschen anzuregen, auf einer tieferen Ebene zuzuhören. Inspiriert werde ich immer wieder durch den wunderbaren Otto Scharmer und die Theorie U, die ja auch Bestandteil dieses Kurses ist. Otto Scharmer beschreibt in der Theorie U vier Ebenen des Zuhörens. Meistens hören wir aus einer gewohnten, begrenzten Welt heraus zu, Ebene eins zu zwei. Wenn wir auf die vierte Ebene des Zuhörens kommen, haben wir unsere Vorannahmen hinter uns gelassen, Kopf, Hand, Herz synchronisiert, von einer Absicht abgelassen, um so Zugang zu einem generativen Feld zu bekommen, wo Zukunft entstehen, sie emergieren, kann. Und diese Ebene erreiche ich nur, wenn ich zuhöre, ohne zu bewerten, ohne zu klassifizieren und zu clustern. In dem wunderbaren Film „Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück“ heißt es: „Zuhören heißt Lieben.“
Die Soziologen arbeiten mit dem Bild eines Gefäßes, als einem Erkenntnisraum, in dem allein durch Präsenz aufgefangen wird, was in der Interaktion zwischen zwei Menschen passiert, nonverbal, verbal, atmosphärisch, energetisch. Das ist das Gefäß der Erkenntnis aus der Interaktion zwischen zwei Personen. Dort befinden sich Problemlösungen und emergierende Zukünfte. Etwas Neues, was entstehen kann.

Wie muss sich mein Zuhören verändern, damit diese Erkenntnis aus der Interaktion entstehen kann?

Wenn eine Denkweise begrenzt ist, dann kann eigentlich nur das „same same“ entstehen, das, was schon da ist, das Gleiche vom Alten. Und da wir ja wissen, dass wir Menschen unterschiedliche Arten haben wahrzunehmen, geht es um das Trainieren, diese eigenen Vorannahmen abzulegen und sich auf andere Sichtweisen einzulassen, indem wir einfach zuhören, also „hinfühlen“. Otto Scharmer nennt das auch Presencing – sensing (fühlen, erspüren) und presence (anwesend sein, auftreten) – präsentes Fühlen. Und das ist für mich sehr gut nachvollziehbar.
Ich arbeite viel mit Studierenden und da ist es beeindruckend zu sehen, wie schnell sie dies verinnerlichen können. Weil sie wirklich die Erfahrung machen, wie Presencing den Umgang miteinander verändert. Wie kraftvoll es ist, auf dieser Ebene in der Gruppe zu arbeiten, macht es eine Gruppe viel co-kreativer, offener. Und es gibt weniger Konflikte.
Frederic Laloux, der auch ein Teil des Kurses am Alanus Werkhaus ist, bringt noch eine ergänzende Ebene für mich dazu. Die Erkenntnis, dass wir uns als Mensch und nicht als professionelle Person zeigen sollten – und in Summe so unsere ganze Vielfalt. Eine Führungskraft darf von sich erzählen können: Mir geht es gerade nicht gut, aus den und den Gründen. Oder ich bin gerade besonders belastungsfähig, weil ich ein tolles Erlebnis hatte. So geben wir Mitarbeitenden eine Handreichung zu unseren Stimmungen.
Mitunter reicht es ja auch schon, einander aufmerksam anzuschauen und wir sehen, wie es dem anderen geht. Also zuhören ist zwingend notwendig und es hat ganz viel mit Präsenz zu tun: Ich schenke dir jetzt den Raum, damit für dich oder für uns etwas Neues entstehen kann.

Es ist aus meiner Erfahrung nicht immer leicht, diesen Raum zu öffnen. Wie schafft man es, das eigene Team dazu zu bringen, sich darauf einzulassen? Gibst du darauf Antworten?

Ich glaube, dass dies eine Kulturfrage ist, etwas, das wir kultivieren müssen, weil es nicht unbedingt effizient ist. Kulturbildende Maßnahmen kosten Zeit. Zum Beispiel der Check-In, eine Methode aus der achtsamen Unternehmenskultur. Bei dieser Technik teilen wir in der Gruppe, wie es uns jetzt im Moment geht. Ist diese Technik neu, zeigt sich mitunter Befremden. Das kann dauern, bis entweder eine Person spricht oder bis alle schlussendlich gesprochen haben. Oder es zeigt sich die Scham, eine private Facette zu zeigen.
Allerdings kann so eine Technik etabliert werden und hat dann Wirkung. Wenn wir immer wieder, wenn wir zusammenkommen, uns als Erstes zehn Minuten Zeit nehmen, um zu fragen: Wie geht es uns? Ein Gefühl der Zugehörigkeit wird aufgebaut und auch der verbesserte Zugang zum eignen Befinden.
Natürlich gibt es da zunächst Bedenken. Irgendwann merken die Teilnehmer:innen jedoch, dass sich durch ein solches Ritual etwas verändert.

"New Leadership – Führung für nachhaltige Entwicklung" – das ist der Titel der gesamten „Leadership-Reihe“. Was genau ist darunter zu verstehen?

Vielleicht kann ich auch das am besten mit meinem Blick als Designerin beantworten. Es gibt Gestalter:innen, die viele schöne neue Produkte und Konsumgüter entwerfen. Und es gibt schon seit den 50er-Jahren einige Designer:innen, die darauf hinweisen, dass es das Wichtigste ist, das Bewusstsein zu schärfen, dass alle unsere Handlungen Auswirkungen haben. Wenn ich jetzt ein Haushaltsgerät entwickle, dann hat dieses Gerät Auswirkungen, weil es zum Beispiel die Art, Haushalte zu führen, verändert. Gleichermaßen muss ich mich im Entwicklungsprozess fragen: Ist es reparaturfähig? Wie wird es entsorgt? Alles, was wir herstellen, hat Auswirkungen. Und darum geht es im Kurs, um dieses Bewusstsein und die Frage: Wenn ich handle, welche Konsequenzen hat diese Handlung?

Wie passt das zu unserer schnelllebigen und profitorientierten Welt? Unternehmen möchten Kapital vermehren, Gewinne maximieren. Sind sie bereit, nachhaltig zu produzieren oder halten sie Führungskräfte an, nachhaltig zu führen?

Es geht mir darum, Bewusstsein zu schaffen. Dass uns Menschen bewusst ist, welche Veränderungen und Konsequenzen unser Handeln mit sich birgt. Es gibt einen treffenden Satz von Otto Scharmer: Wir kreieren ständig Dinge, die wir eigentlich nicht möchten.
Viele Innovationsprozesse führen zu Ergebnissen, die wir uns nicht wünschen. Wie können wir das ändern? Wir können es durch aufmerksames und achtsames Handeln ändern. Indem uns bewusst ist, was wir tun und aus welcher Quelle heraus wir handeln. Was ist das Why? Habe ich mich damit auseinandergesetzt, was mich antreibt? Und häufig ist es so, dass wir in einen Automatismus geraten sind. Wir brauchen Reflexion, um auszusteigen und zu hinterfragen, warum mache ich das, was ich mache? Und da gibt es ganz, ganz tolle Techniken.
Zurück auf die Frage: Irgendwer muss ja mit der Veränderung anfangen. Dass die Grenzen des Wachstums gesetzt sind, wissen wir seit 1972 (Bericht des Club of Rome). Reformbewegungen wie die Gemeinwohlökonomie sind ungeheuer wichtige Impulsgeber. Wenn ich in meinem Kurs auch nur eine Person zum Neudenken angeregt habe, dann war ich erfolgreich.

Gibt es Unternehmen, die schon in diese Richtung denken? Die sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt haben?

Es gibt einige Unternehmen, die sich dahingehend verändern und deswegen arbeite ich mit Beispielen von Frederic Laloux, der diese unterschiedlichen Organisationsformen beforscht hat und die integral-evolutionäre Ebene beschreibt. Die Idee einer organisationalen Entwicklungsstufe, die uns als Entwicklungsideal dient. Und ich glaube, durch den Fachkräftemangel und dadurch, dass immer mehr junge Menschen nicht in Unternehmen arbeiten wollen, die weder transparent noch nachhaltig sind, die auch kein Bewusstsein für Umwelt und Menschheit haben, gibt es ja einen Hebel, einen relativ kräftigen Hebel. Das ganze Thema Employer Branding: Ich muss mich als Unternehmen verändern, sonst will keiner mehr bei mir arbeiten. Und das ist wirkmächtig.

Du schreibst auf deiner Website von der besonderen Kraft von Sehnsuchtsorten. Afrika und Indien sind es bei dir, habe ich verstanden. Wie ist es dazu gekommen? 

In den vielen Jahren, fast über 25 Jahre, die ich Unternehmen beraten habe, gab es immer diesen Punkt, an dem ich frustriert war. Weil es so viele Widerstände und Hindernisse in Veränderungsprozessen gibt und weil Veränderung nur in Maßen möglich ist. Ich hatte dann die Einsicht, dass viel mehr passiert, wenn Menschen ihr gewohntes Umfeld mal verlassen. Das hat mich nach Namibia geführt. Wenn wir an so einem Ort sind, der irgendwie auch etwas Magisches hat, noch dazu weit weg von zu Hause und vom eigenen Kontext, hat das einen enorm großen Effekt auf den Veränderungsprozess. Die Natur, die Stille, ein besonderer Ort, weil einfach die Schönheit der Natur so überwältigend ist und unterschiedlichste Menschen sich hier am Ende der Welt in einem geschützten Raum öffnen können. Das macht wirklich was mit Menschen. Die tiefen transformativen Erfahrungen, die ich in meinen Seminaren beobachten kann, passieren, weil sich Menschen sprichwörtlich und tatsächlich auf den Weg gemacht haben.

Welchen Tipp hast du für Menschen in Führungsverantwortung, die sich angesprochen fühlen und den ersten Schritt in eine nachhaltigere Führung machen wollen? 

Im Grunde geht es darum, dienen zu lernen. Es geht nicht um die Führungsperson selbst, sondern es geht um die anderen. Ein ganz altes chinesisches Sprichwort sagt: „Wer führt, der folgt.“ Eine Führungskraft, die wie ein Coach agiert, ermächtigt andere. Sie befähigt andere, damit gemeinsam etwas hergestellt werden kann. Das ist mein Führungsverständnis. Es geht nicht um einen Leader und sein Ego und darum, die Umsatzzahlen noch mehr zu steigern, sondern darum, dass wir in einer Gemeinschaft etwas herstellen, was wir uns als Gesellschaft wünschen.
Eine Führungskraft ist jemand, der diesen Raum für Entwicklung herstellen kann. Sie nimmt sich zurück und ist der Sache dienlich, öffnet Räume für die Gruppe. Ich finde es so wichtig, den Entwicklungsraum für andere zu öffnen, andere wachsen lassen, andere groß werden lassen zu können – „sharing is growing“. Dies ist eine vielfach vernachlässigte Kompetenz im tradierten Unternehmertum, da dort das Wettbewerbsmotiv noch so stark verankert ist.

Liebe Anne, ganz herzlichen Dank für dieses tiefe und inspirierende Gespräch. Ich habe viel von dir gelernt.

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Anne Kurth unterrichtet in unserem Führungskräfteprogramm „New Leadership - Führung für nachhaltige Entwicklung“, das einen modularen Ein-und Aufstieg in die unterschiedlichen Aspekte moderner Führung bietet – kompakt und konkret. Im Fokus stehen praktische Methoden und individuelle Lösungsansätze.

Dazu ermöglichen künstlerische Impulse und kreative Übungen neue Perspektiven für Führungskräfte und ihre Unternehmen. Der Kurs Führung gestalten von Anne Kurth vermittelt einen kurzen theoretischen Einblick in die aktuelle Managementforschung und Methodologie rund um Themen wie Selbstorganisation, lernende Organisationen sowie Persönlichkeitsentwicklung und Wir-Intelligenz. Ein Follow-Up-Termin ist am 18.04. geplant. 
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Eine Übersicht zu allen Modulen des Führungskräftetrainings finden Sie hier.
Die einzelnen Module sind anrechenbar auf das Zertifikat »Nachhaltig Führen / Sustainability Leadership«, dass in Kooperation von Alanus Werkhaus, Alanus Hochschule und IHK Bonn/Rhein-Sieg vergeben wird. 

 

 

 

 

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